Journal einer Unzugehörigkeit. Anfang:
Zum ersten Mal bin ich mit vier von Zuhause ausgebüxt. Liebe hat mir keiner beigebracht. Zugehörigkeit spürte ich nie. Meine Gefühlswelt war mit Beklemmung und Neid ausgefüllt, vermengt mit den Wünschen, der Mutter alles recht zu machen und ein Einzelkind zu sein. Ich wollte bekommen, was ich sonst nie bekam, zum Beispiel Briefmarken mit Schmetterlingen.
Keine Hunde, keine Katzen – bloß die harte Konkurrenz. So bin ich damals bei kinderlosen Nachbarn eingekehrt, saß auf ihrem Balkon und aß Pralinen, während meine Mutter unten herumlief und verzweifelt nach mir schrie.
Im Laufe der Zeit sickerte die Liebe durch, was weiß ich von wo, sickerte in mich ein, immer weiter, tröpfchenweise. Das Gestaute sollte mal raus, der Zufall, wie eine Wildgurke, erwischte dich. Zärtlichkeit quoll aus mir heraus, ich wankte in Unsicherheit, ob ich dir etwas über die Liebe sagen soll. Ich zweifelte an ihr, an uns sowieso. Zärtlichkeit und Wonne überschwemmten mich weiter, machten mich großzügig, es kam der Gedanke dazu, falls du morgen verunglücktest, bereue ich es, dir nichts gesagt zu haben. Mein „ich liebe dich“ hat dich zum Leuchten gebracht, du glühtest förmlich. Für einen Moment waren wir fast dumm vor Glück. Vier Tage später verunglückte ich.