zweisprachig:

***

die einsamkeit besiegen

ihre ränder abbrechen

wie die einer hostie

ihre ableger abreißen

nach und nach

die einsamkeit besänftigen

mit madrigalen und

heiligen säuglingen

die einsamkeit sättigen

ins klaffende loch

keusche jungfrauen und

gefallene engel werfen

bis wir fertig sind

***

обламывать края

одиночеству

как просвирке

умащивать одиночество

мадригалами и

святыми младенцами

насыщать одиночество

кидать в его черную пасть

девственниц

падших ангелов

ну хватит уже

ну хватит

 

an das loch im himmlischen grießbrei // chor // traffic

***an das loch im himmlischen grießbrei

die wolkige pulpe mit lichtung

erlaubt einen blick in die blaue emaillie

da, die x-te dimension

gottesrohr, gottesohr und auge

ich weiß jetzt durchaus wohin

die einsamen socken

die silbernen löffel

die schlüssel vom haus

verschwinden an das loch im himmlischen grießbrei // chor // traffic weiterlesen

sammle selbst

IMG_3660“Manchmal schmerzhaft direkt, manchmal bildreich abstrakt, manchmal erfrischend surreal. Leichtfüßig, ohne dabei die Bodenhaftung zu verlieren. Oft genug mit einem Augenzwinkern, und doch bestimmt.” – LESEZIMMER.INFO

***

ich spreche mit deinem phantom

weine an deiner phantom-schulter

ich flüstere in dein phantom-ohr

mal zärtlich, mal schmutzig

hab` zwei dummköpfe getroffen

dank dem seltsamen zufall

beide meinten «entspann dich,

du denkst viel zu viel, bleib locker»

aber ich denke an gar nichts,

ich kann überhaupt nicht denken,

an gar nichts, außer dir,

mein nicht existierender wanderer

mein geisterschiff, meine schimäre

Linor Goralik. Das Nützliche

-Es war niederträchtig, – sagte er.

– Nein – erwiderte Mutter, – es war keinesfalls niederträchtig, und ich verbiete mir solche Worte, was erlaubst du dir eigentlich? Es war nicht niederträchtig, es war nützlich. Du hast was Nützliches geleistet.

Er trat mit dem Fuß gegen das Sofa und leckte die mit Filzstift beschmierten Finger ab und rieb sie wütend. Sie klopfte ihn leicht an der Hand.

-Du hast mich gebeten, einen Hund zu malen, ich habe dir einen Hund gemalt. Ich dachte, du möchtest wirklich, dass ich dir einen Hund male, -sagte er weinerlich.

-Richtig, – antwortete sie, – ich habe dich gebeten, einen Hund für mich zu malen, ich habe ein Schild gebraucht, und du hast einen sehr schönen Hund gemalt, ich habe „Hunde bleiben draußen“ drunter geschrieben, und nun ist es nützlicher Hund geworden.

Linor Goralik „Jeden lieben langen Tag „

Gestern kaufte sie sich eine Espresso Maschine und dazu fünf gleiche Kaffeetässchen, – dickwandig, schwer, unwahrscheinlich teuer, aber es war ihr ums Geld nicht schade. Nun standen all die Tassen vor ihr in Reih und Glied, jede auf ihrer Untertasse, jede mit Espresso gefüllt. Was den tüchtig in einem Kännchen geschlagenen Milchschaum anging, hatte sie so ihre Zweifel: Der Schaum schien ihr zu dicht zu sein, obwohl dies, beschloss sie, doch besser wäre, als zu dünn. Die erste Tasse hatte sie buchstäblich in zwei Sekunden vermasselt: die Hand mit dem Kännchen zuckte, die Linie, die zu einem Blatt der großen braunen Blume auf der weißen Schaumdecke werden sollte, ging schief. Bei der zweiten Tasse gelang es ihr, zwei Blätter von vier zu gestalten, bevor ihr der Schaum über den Rand lief. Bei der dritten Tasse klingelte das Telefon.

-Ja,- sprach sie in den Hörer.

– Missis Darnton? – fragte der Hörer.

– Ja, Missis Darnton am Apparat. – Hörer schwieg.
– Missis Darnton, – sagte der Hörer, – hier ist Inspektor Milwers. Wir haben gestern miteinander gesprochen.
– Ich erinnere mich ausgezeichnet, – antwortete sie.
– Und vorgestern.
– Und vorgestern, – gab sie sich leicht einverstanden, ungeduldig mit der Sohle von ihren Pantoffeln auf die Ferse klopfend: der Schaum wird sich gleich setzen, dann wird sie wieder anfangen müssen.
Missis Darnton, – sagte der Hörer, – ich befürchte, Sie verstehen mich nicht. Wir fanden die Leiche, die wir für die Ihres Mannes halten. Es ist absolut notwendig, dass Sie zur Identifizierung bei uns erscheinen.
Unbedingt, – sagte sie, – unbedingt. Heute komme ich unbedingt vorbei.

Linor Goralik „Emergency“

– Und den Arm heben, bitte, – sagte er. Schluchzend, legte sie sich der Arm auf den Kopf.

– Und höher, – sagte er. Sie richtete den Arm sofort gerade, sogar die Hand hielt sie wie ein Schiffchen, wie eine Schülerin, die an die Tafel will.

Er tastete die Brustdrüse langsam ab, mit kreisenden Bewegungen. Das Gebiet , das sich schmerzhaft anfühlte, schien ihm absolut sauber zu sein, die Brustwarze war nicht deformiert, es gab keinen Ausfluss, die Haut – bleich, weich, glatt, – war kühl. Er bewegte die Finger zur Achselhöhle, dann, immer noch kreisend, zurück zur Warze, immer wieder murmelnd: „Gut… gut…“, und sie ächzte, und versuchte einen kleinen Tropfen, der aus dem Nasenloch hing, reinzuziehen, endlich, sie hielt es nicht aus, und mit der linken, freien Hand riss sie einen winzigen Fetzen Klopapier ab, fast ohne sich zu bewegen, um die Untersuchung nicht zu stören.

– Gut, gut, – sagte er, – Sie können sich anziehen. Ich sehe nichts Verdächtiges. Nichts Besonderes. Sie sollen sich aber unbedingt untersuchen lassen, alle sollen sich regelmäßig untersuchen lassen, ich sehe aber gar keine Verdichtung.

Sie stopfte unordentlich die gequetschte Brust in die Schale des Büstenhalters hinein, schnell rollte sie noch ein Streifen Toilettenpapier ab, schnäuzte gründlich und seufzte auf. Er fing an, sich Hände zu waschen. Sie sagte ihm in den Rücken:

Es ist mir unwahrscheinlich peinlich. Verdammt peinlich. Entschuldigen Sie bitte, ich schäme mich so. Ich habe die Brust im BH gerichtet und plötzlich schien es mir… Und ich habe Panik gekriegt. Was bin ich für eine Idiotin. Mir ist es so peinlich, verzeihen Sie mir bitte.

Er erinnerte sich daran, wie der Kellner von Tisch zu Tisch hastig herumraste, als sie über den ganzen Saal schrie „Gibt´s hier n`Arzt? Bitte, gibt`s hier n`Arzt?“. Man hätte erwarten können, der Kellner sollte sich als allererster zu ihr stürzen, und nicht zwischen den Tischen rumrennen und brüllen : “Der Arzt? Wer ist hier Arzt?“. Andererseits, dachte er, was für ein Blödsinn, der Kellner ist eben doch nur ein Kellner.