in drei absätzen

die kontaktfreudigen rentner beim morgendlichen einkauf – das leben heute ist übertrieben. raus aus dem laden. herbstregen verbessert den allgemeinen zustand, wischt die altlauten ab, putzt das bunte laub bis es glänzt und tickt anschließend an meine fenster. das uhrwerk des wasserkreislaufs, nass und taktvoll.

zu hause tee, telefonate, tombola. ein gedicht, auf russisch gesprochen, katapultiert mich ins jenseits, ehe ich denken kann. bin ein luftballon, aufgepustet, nicht verschlossen. wieder runter. verschnaufe. lese mich auf.

und der regen prasselt rasch, mittlerweile, hämmert sanft aber entschieden ans dachfenster, als ob er mir sagen möchte: darf ich bei dir übernachten?

zweisprachig:

***

die einsamkeit besiegen

ihre ränder abbrechen

wie die einer hostie

ihre ableger abreißen

nach und nach

die einsamkeit besänftigen

mit madrigalen und

heiligen säuglingen

die einsamkeit sättigen

ins klaffende loch

keusche jungfrauen und

gefallene engel werfen

bis wir fertig sind

***

обламывать края

одиночеству

как просвирке

умащивать одиночество

мадригалами и

святыми младенцами

насыщать одиночество

кидать в его черную пасть

девственниц

падших ангелов

ну хватит уже

ну хватит

 

an das loch im himmlischen grießbrei // chor // traffic

***an das loch im himmlischen grießbrei

die wolkige pulpe mit lichtung

erlaubt einen blick in die blaue emaillie

da, die x-te dimension

gottesrohr, gottesohr und auge

ich weiß jetzt durchaus wohin

die einsamen socken

die silbernen löffel

die schlüssel vom haus

verschwinden an das loch im himmlischen grießbrei // chor // traffic weiterlesen

sammle selbst

IMG_3660“Manchmal schmerzhaft direkt, manchmal bildreich abstrakt, manchmal erfrischend surreal. Leichtfüßig, ohne dabei die Bodenhaftung zu verlieren. Oft genug mit einem Augenzwinkern, und doch bestimmt.” – LESEZIMMER.INFO

***

ich spreche mit deinem phantom

weine an deiner phantom-schulter

ich flüstere in dein phantom-ohr

mal zärtlich, mal schmutzig

hab` zwei dummköpfe getroffen

dank dem seltsamen zufall

beide meinten «entspann dich,

du denkst viel zu viel, bleib locker»

aber ich denke an gar nichts,

ich kann überhaupt nicht denken,

an gar nichts, außer dir,

mein nicht existierender wanderer

mein geisterschiff, meine schimäre

Linor Goralik. Das Nützliche

-Es war niederträchtig, – sagte er.

– Nein – erwiderte Mutter, – es war keinesfalls niederträchtig, und ich verbiete mir solche Worte, was erlaubst du dir eigentlich? Es war nicht niederträchtig, es war nützlich. Du hast was Nützliches geleistet.

Er trat mit dem Fuß gegen das Sofa und leckte die mit Filzstift beschmierten Finger ab und rieb sie wütend. Sie klopfte ihn leicht an der Hand.

-Du hast mich gebeten, einen Hund zu malen, ich habe dir einen Hund gemalt. Ich dachte, du möchtest wirklich, dass ich dir einen Hund male, -sagte er weinerlich.

-Richtig, – antwortete sie, – ich habe dich gebeten, einen Hund für mich zu malen, ich habe ein Schild gebraucht, und du hast einen sehr schönen Hund gemalt, ich habe „Hunde bleiben draußen“ drunter geschrieben, und nun ist es nützlicher Hund geworden.

Linor Goralik „Jeden lieben langen Tag „

Gestern kaufte sie sich eine Espresso Maschine und dazu fünf gleiche Kaffeetässchen, – dickwandig, schwer, unwahrscheinlich teuer, aber es war ihr ums Geld nicht schade. Nun standen all die Tassen vor ihr in Reih und Glied, jede auf ihrer Untertasse, jede mit Espresso gefüllt. Was den tüchtig in einem Kännchen geschlagenen Milchschaum anging, hatte sie so ihre Zweifel: Der Schaum schien ihr zu dicht zu sein, obwohl dies, beschloss sie, doch besser wäre, als zu dünn. Die erste Tasse hatte sie buchstäblich in zwei Sekunden vermasselt: die Hand mit dem Kännchen zuckte, die Linie, die zu einem Blatt der großen braunen Blume auf der weißen Schaumdecke werden sollte, ging schief. Bei der zweiten Tasse gelang es ihr, zwei Blätter von vier zu gestalten, bevor ihr der Schaum über den Rand lief. Bei der dritten Tasse klingelte das Telefon.

-Ja,- sprach sie in den Hörer.

– Missis Darnton? – fragte der Hörer.

– Ja, Missis Darnton am Apparat. – Hörer schwieg.
– Missis Darnton, – sagte der Hörer, – hier ist Inspektor Milwers. Wir haben gestern miteinander gesprochen.
– Ich erinnere mich ausgezeichnet, – antwortete sie.
– Und vorgestern.
– Und vorgestern, – gab sie sich leicht einverstanden, ungeduldig mit der Sohle von ihren Pantoffeln auf die Ferse klopfend: der Schaum wird sich gleich setzen, dann wird sie wieder anfangen müssen.
Missis Darnton, – sagte der Hörer, – ich befürchte, Sie verstehen mich nicht. Wir fanden die Leiche, die wir für die Ihres Mannes halten. Es ist absolut notwendig, dass Sie zur Identifizierung bei uns erscheinen.
Unbedingt, – sagte sie, – unbedingt. Heute komme ich unbedingt vorbei.